Es ist keine Neuigkeit mehr: kaum jemand würde zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch jede Art des persönlichen oder künstlerischen Ausdrucks auf Häuserwänden, U-Bahn-Schächten oder sonstigen Wand-artigen Flächen pauschal als Vandalismus abtun. Längst hat sich Street Art als Medium der kreativen Aufmüpfigen und Kritischen etabliert, der Konquistadoren urbaner Räume, die die Kunst mitten unter die Leute bringen und Stadtbilder interessanter gestalten.
Das spanische Valencia ist diesbezüglich eine wahre Hochburg der originellen Straßenkunst und lockt in und außerhalb der einheimischen Szene namhafte Künstlerinnen und Künstler an. Neben den sonst für Valencia bekannten traditionellen Fallas-Festen etablierte sich so eine Ebene origineller Kunstwerke, die noch bis ins kleinste Gässchen gesickert zu sein scheinen und Betrachter in surreale Science-Fiction-Welten und märchenhafte Zauberwälder entführen.
Insbesondere im Bezirk El Carmen in der Altstadt Valencias sind reihenweise Kunstwerke verschiedenster valencianischer und internationaler Künstler aneinander gefädelt. Da die Polizei Street Artists hier normalerweise frei gewähren lässt, sind beinahe sämtliche Wände mit Malereien überzogen, was den ganzen Bezirk in eine Art Open Air Galerie verwandelt.
Eine kleine (!) Auswahl der dort entdeckten KünstlerInnen und Kunstwerke stellen wir euch im Folgenden vor.
Erica Il Cane
Der italienische Künstler Erica Il Cane zeichnet vermenschlichte Tierfiguren bzw. hybride Mensch-Tier-Gestalten. Seine filigran und detailreich kreierten Wesen befinden sich in surrealen Situationen und machen ironisch mit Hasenohren und Anzughosen menschliche Abgründe etwas verdaulicher.
Blu
Ebenfalls aus Italien stammt der Künstler Blu, der – wie viele andere geheimnisvolle Street Artists – seine Identität verbirgt und als einer der bedeutendsten Vertreter des kritischen Muralismus weltweit gehandelt wird.
David de Limón
Wer in Valencia einen der dunklen Ninjas mit rundlichen, leeren Augen und Herzchen auf der Brust entdeckt, der kann sich sicher sein: hier war der Valenciano David de Limón am Werk. Häufig hält der Ninja selbst eine Farbsprühdose in der Hand – kann man hier autobiografische Züge erkennen?
Escif
Der Valencianer mit dem Künstlernamen Escif ist ebenfalls eine internationale Koryphäe seines Metiers und Mitglied des Street Art-Kollektivs XLF. Sein Kunst bezeichnet er selbst als reflexiv und persönlich.
Hyuro
Nicht viele Frauen findet man in der Kunst des Muralismus, umso mehr fällt die Brasilianerin Hyuro mit individuellem Stil und eigenwilligen Motiven in der Szene auf. Ihre Figuren – meist Menschen, nicht selten nackt – treten in fahlen Farben und surrealen Bildern auf und erzählen Geschichten vom Kampf mit der eigenen Identität, um Freiheit und von der Rolle der Einzelnen im sozialen Kollektiv.
Cere
Scheibchen für Scheibchen entführt Cere Betrachter in die abenteuerliche Welt seiner vermenschlichten Blutwurst, mal aufgeschnitten, mal als Ganze.
Julieta
Wie ein Kind im Bonbon-Laden fühlt man sich beim Betrachten von Julietas Bildern manchmal, dann allerdings wieder wie beim Lesen eines Kinderbuchs auf LSD. Ihre püppchenhaften Figuren haben stets die Augen geschlossen und ihre Welt ist farbenfroh, strahlend märchenhaft und mitunter gnadenlos absurd.
Deih
An viele Ecken Valencias fühlt man sich gezwungen abrupt stehen zu bleiben, sobald man einem der Bilder des Künstlers Deih gegenübersteht, der nach eigener Aussage die “Seltsamkeit des Lebens” porträtieren möchte (was ihm durchaus gelingt). All seine Bilder erkennt man an ihrer enormen Zerrissenheit und an ihrem einschlägigen Stil zwischen Science Fiction und Steam-Punk.
Direktflüge nach Valencia gibt es in Österreich übrigens von Wien, in Deutschland von fast allen größeren Städten aus wie Berlin, Frankfurt und München, und in der Schweiz aus Genf und Zürich.
Dieser Beitrag erschient erstmals am 12.02.2016 auf www.tripwolf.com: Offenlegung: tripwolf Autorin Lena war auf Einladung von Valencia Turismo und der Spanischen Botschaft ein paar Tage in Valencia unterwegs. Sämtliche Meinungen sind ihre eigenen.